Zella-Mehlis ist reich an Geschichte!

Die Museen der Stadt Zella-Mehlis vereinen mit dem Stadtmuseum in der Beschußanstalt », dem Technikmuseum Gesenkschmiede » und dem Heimatmuseum Benshausen » eine museale Erlebnis- und Bildungswelt in den Bereichen Stadtgeschichte, Kulturgeschichte, Industriegeschichte, Technikgeschichte und Volkskunde.
Erfahren Sie mehr über die Vergangenheit der Stadt, über deren Berühmtheiten, über Erfindungen, sportliche sowie technische Besonderheiten und lernen Sie Zella-Mehlis und Benshausen von einer anderen Seite kennen!
Viele meinen, nachdem sie ein Stadt- oder Heimatmuseum besucht haben, kennen sie alle, weil sie sich oft ähneln ... unsere Museen sind anders!  Kommen Sie uns besuchen und Sie werden überrascht sein, wie ein Museum sein kann, klar gegliedert, informativ, interessant gestaltet ... und Sie werden dann wissen, was die Welt ohne Zella-Mehlis wäre – undenkbar!

Neuigkeiten

Objekt des Monats Dezember 2020 – Lebkuchen-Dose

Lebkuchen-Dose

Diese prunkvolle rote Blechdose, es gab sie auch in anderen Farben, stammt von einem Zella-Mehliser Betrieb, der über ein Jahrhundert das Ortsbild prägte – dem „Lebkuchen Anschütz“! Allerdings waren es nicht die Produktionsgebäude, sondern die weihnachtlichen Düfte welche zu bestimmten Zeiten und je nach Windrichtung im gesamten Ort präsent waren. Doch wie fing alles an?

Albert Anschütz war es, der im Jahre 1875 in der Mehliser Geigengasse zunächst mit einer Mühle und einer Brot- und Feinbäckerei begann. In der Vorweihnachtszeit wurden hier auch Lebkuchen hergestellt und verkauft. Schon ein Jahr später wurde der Mühlenbetrieb aufgegeben und der Betrieb konzentrierte sich verstärkt auf die Fertigung von Lebkuchen, daneben wurde ein Großhandel mit allerlei Süßwaren betrieben und später, etwa ab 1900, eine eigene Süßwarenproduktion angefangen.

Schnell Indiana Tribünewurde das Unternehmen mit seinen Produkten bekannt und sehr erfolgreich, lieferte sogar in die „Lebkuchenhochburg“ Nürnberg und hatte auch in Übersee Kundschaft. So fand sich eine Notiz in der deutschsprachigen amerikanischen Tageszeitung – der „Indiana Tribüne“ – über einen tragischen Unfall der sich 1905 in der Lebkuchenfabrik ereignete.

Ab 1913 wurde der Sohn Fritz Anschütz (genannt der „süße Fritz“) im Unternehmen tätig, welches er später gemeinsam mit seinem Schwager Fritz Schröder führte. Zwischenzeitlich wurden in der Beethovenstraße, nahe dem damaligen Schützenhof (später Volkshaus, heute Parkplatz Meeresaquarium) neue Fabrikgebäude errichtet und ab 1921 genutzt.

Die Lebkuchenfabrik in den 1930er Jahren, vom Regenberg aus gesehen.   Die Belegschaft in den 1940er Jahren.

Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges konnte die Firma, trotz des Mangels an hochwertigen Rohstoffen ihren guten Ruf behaupten und weiter ausbauen.

Zwei Seiten aus dem Produktkatalog von 1956.Nach dem Krieg, ab 1946, firmierte das Unternehmen als GmbH mit den Gesellschaftern Fritz Anschütz, Günther Anschütz und Edith Schulz (geb. Anschütz). Günther Anschütz, Sohn des „süßen Fritz“, führte das Unternehmen ab 1948 alleine weiter. Mitte der 1950-er Jahre konzentrierte sich die Firma ausschließlich auf die Fabrikation von Lebkuchen, Gebäck und Keksen. Mit den Werbeslogan „Anschütz: Dieser Name schuf durch Qualität sich seinen Ruf!“ wurde für die Erzeugnisse geworben. Eine Broschüre aus dieser Zeit gibt einen Einblick in das vielfältige Produktionsprogramm. Den gesamten Prospekt gibt es hier als PDF-Datei ».

Ansicht in den 1960er Jahren.Doch bald gab es tiefgreifende Veränderungen. Im Jahr 1960 wurde aus dem privaten Unternehmen ein Betrieb mit staatlicher Beteiligung und 1972 schließlich durch den Staat zwangsenteignet. Die Firma hieß nun „VEB Thüringer Lebkuchenfabrik“, doch das Firmenlogo „Kniender Schütze“, ohne den Namenszug „Anschütz“, wurde beibehalten. Günther Anschütz blieb als Betriebsleiter im Werk und führte es erfolgreich weiter, bis er 1981 durch einen staatlich eingesetzten Funktionär abgelöst wurde. Die hergestellten Lebkuchen hießen im Volksmund weiterhin „Anschütz Lebkuchen“.

Der Planwirtschaft geschuldet wurde die Produktion auf Verschleiß gefahren und wenig in Erneuerungen investiert. Mit dem Ende der DDR entstand die Möglichkeit enteigneten Besitz wieder zurückzubekommen und so stellte Albert Anschütz im Februar 1990 den Antrag auf Rückübertragung des Unternehmens an die Familie Anschütz. Doch es kam zunächst anders. Das Unternehmen wurde von der Treuhand unter dem Namen „Thüringer Lebkuchen GmbH“ weitergeführt. Im Oktober 1990 teilt die Treuhandanstalt der Familie Anschütz schriftlich mit, dass das Unternehmen an einen westlichen Interessenten verkauft wurde. Der von der Treuhand eingesetzte Geschäftsführer der „Thüringer Lebkuchen GmbH“ entlässt Albert Anschütz im Dezember 1990 und spricht ihm Betriebsverbot aus. Doch im Dezember 1992 wurde dann das Unternehmen vom Verwaltungsgericht Meiningen an die Familie rückübertragen. Jetzt begann unter schwierigen Bedingungen ein Neuanfang unter dem Namen „Albert Anschütz KG Lebkuchenfabrik Zella-Mehlis“. Doch leider gelang es dem Betrieb nicht, unter den rauen marktwirtschaftlichen Bedingungen, zu alter Stärke zurückzufinden. Mit der Einstellung der Produktion im Juli 2013 endete die Geschichte eines traditionsreichen Zella-Mehliser Unternehmens. (ls)